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Tom Berger: "Mit VR-Brillen in der Schule Skifahren"

Für LAOLA1 ist das Metaverse bereits Business-Realität, wie Head of LAOLA1 Tom Berger erklärt.

Tom Berger: Foto: © LAOLA1

Gemeinsam mit Partnern will man aber nicht nur virtuelle Geschäftsmodelle umsetzen, sondern auch Menschen für den aktiven Sport begeistern.

Insight Snow: Was ist die Motivation für LAOLA1, sich so stark im Metaverse zu engagieren?

Tom Berger: Digitalisierung war gestern, Virtualisierung ist heute. Gerade als LAOLA1 haben wir kraft unserer Produkte und Services den Anspruch, Innovationstreiber für den Sport zu sein.

In unserem Mutterkonzern Sportradar ist Virtualisierung global ein großes Thema, und hier dürfen wir als LAOLA1 seit Oktober 2022 eine Art Testplattform sein, wo wir in Kombination mit dem Start-up "cheeer" Projekte umsetzen.

Erstes Beispiel war das Erste Bank Tennis Open in der Wiener Stadthalle, bei dem wir versucht haben, das Erlebnis aus der Stadthalle hinaus in die virtuelle Welt zu verlängern.

Tom Berger, Head of LAOLA1
Foto: © LAOLA1

Insight Snow: Wie ist das Projekt verlaufen?

Tom Berger: Dieser Case war technisch sehr erfolgreich, ebenso in der Aktivierung der User und sogar schon monetär. Dank des internationalen Rückenwinds von Sportradar konnten wir dann mit cheeer eine eigene Virtualisierungs-Abteilung einrichten. Als LAOLA1 haben wir daher beschlossen, dass wir das Thema mit einer kontinuierlichen Roadmap und einer nachhaltigen Perspektive angehen. Und aus dem ist im Jänner 2023 die LAOLA1 Sportinsel entstanden. Seither bauen wir eine virtuelle Sport & Entertainment Welt, die im Wesentlichen jenen Markenwerten und Erlebnissen entspricht, wie uns der User – auch der künftige – sieht.

Insight Snow: Was zeichnet die LAOLA1 Sportinsel aus?

Berger: Wir wollen damit dem Sport ein Angebot liefern und eine möglichst geringe Einstiegsbarriere schaffen – mit dem Appell: "Mit uns könnt ihr die ersten virtuellen Schritte machen und jeden Tag lernen, probieren und tun." Denn das Thema wird eher größer als kleiner und zukünftig ein Teil der Wertschöpfungskette im Sport sein. Ich will da jetzt nicht zu weit in die Glaskugel schauen. Es gibt verschiedene Technologien, ganz unterschiedliche Anbieter, aber ebenso eine breite Palette an User-Erlebnissen, Produkten und Services, die relevant sein können.

Insight Snow: Wie weit ist die Sportinsel schon gediehen?

Berger: Für uns ist sie ein niederschwelliges Test-Angebot. Ganz wichtig ist, dass wir das nicht im Elfenbeinturm oder im Forschungslabor machen, sondern ganz schnell in die Praxis gehen und am offenen Herzen operieren. Das bedeutet, mutig und transparent zu sein, Fehler zu machen, und auch gemeinsam mit dem User sehr schnell zu lernen. Plus: Wir wollten sehr früh Partner finden, was uns mit KIA gelungen ist. Denn dort betrachtet man den Bereich bereits als Teil der Wertschöpfungskette. Das heißt, das sind bereits Business Cases für uns, die sich monetarisieren.

Das Ganze ist aber noch sehr innovationsgetrieben und weit entfernt von einem standardisierten Produkt. Aber es ist ein Momentum da am Markt, weil Firmen das Thema für sich besetzen wollen.

Insight Snow: Man macht damit aber auch Pionierarbeit für die anderen. Wie sehen Sie das betriebswirtschaftlich?

Berger: Als LAOLA1 sehe ich uns in einer Rolle, die sehr interoperabel ist, und wo wir eher als Hub auftreten. Daher arbeiten wir auch mit Marktbegleitern, um gemeinsam etwas zu entwickeln. Wir haben weniger den Anspruch, dass nur wir auf dem Thema draufsitzen und uns etwas schützen lassen. Außerdem wird es wohl schwierig, sich überhaupt etwas schützen zu lassen im "Metaverse". Denn das Ganze lebt ja von einer Dezentralisierung, die von vielen Parteien und Stakeholdern so richtig zum Leben erweckt wird.

Insight Snow: Welche konkreten Ziele haben Sie?

Berger: Was wir für uns schon beanspruchen: einen Beitrag zu leisten im Sinne von "educate the market". Aber nicht, weil wir die Gescheiten sind und wissen, wie es geht, sondern um Anstöße, Impulse, Ideen, Angebote zu liefern. Wir beschäftigen uns gerne mit dem Thema, teilen das und hören auch gut zu, wie es anderen dabei geht. Vor allem, weil es noch so viele Plattformen und nicht die eine gültige Definition vom "Metaverse" gibt, auch wenn das eine Firma für sich beansprucht. Da es etwas Lebendiges ist, werden sich in den nächsten Jahren viele Entwicklungsschritte und Ausprägungen ergeben.

Die Oberthemen sind Virtualisierung und die Transformation vom Web 2.0 zum Web 3.0. Und hier wollen wir helfen, damit die Leute es für sich einordnen und Fragen stellen können – ob User, Firmen oder Sportvereine: "Ist das schon etwas, das mich betrifft? Muss ich das jetzt schon mitgestalten? Oder schau ich mir das einfach einmal an, weil ich noch keine Notwendigkeit verspüre?"

Insight Snow: Welche Angebote finden sich für den Wintersport?

Berger: Wir haben auf der LAOLA1 Sportinsel ganz bewusst unterschiedliche Welten und Themen aufgegriffen – ähnlich wie Disneyland, das ein Vorbild für uns ist. Eine davon ist Wintersport und Ski mit dem weißen Berg in der Mitte: dem Schneeparadies. Dort haben wir in der momentanen Entwicklungsstufe schon eine Skipiste angedeutet und auch eine Skisprungschanze eingeplant.

Ganz konkret machen wir mit der Volksbank heuer eine Schneeball Challenge. Da geht es einfach darum, Schneebälle zu sammeln und einen Schneemann zu bauen. Das ist ein Test, welche User kommen dorthin und wie viele. Ein nächster Schritt wäre dann eine eigene Skisprung-Challenge. Das Thema dahinter ist Gamification – vor allem im Hinblick auf Engagement oder Gewinnspiele, die man als Marke gut bei einer User Journey nutzen kann. Auch das Thema Loyalty ist wichtig, dass man etwa Punkte sammeln und diese beim Marken-Partner oder bei uns auf der Sportinsel einsetzen kann.

Insight Snow: Wo kommen die User her?

Berger: Der Vorteil dieser virtuellen Welten ist, dass man nicht eine eigene Welt selbst aufbaut, sondern auf Plattformen geht, wo schon User sind. Also man kreiert kein Computerspiel, wo man alle User hinbringen und damit viel in Kommunikation, Promotion und Integration investieren muss. Sondern man nutzt eine vorhandene Plattform, in unserem Fall ist das "spatial", wo schon User sind und wo es unterschiedliche Räume gibt – und einer dieser Räume ist die LAOLA1 Sportinsel, und dort versuchen wir, eine eigene Community aufzubauen.

Insight Snow: Was kann sich beim Skifahren auftun?

Wir sind mit dem ÖSV und A1 schon seit längerer Zeit in Gesprächen, ob und wie wir die Ski Challenge bei uns einbinden können. Das ist vor allem ein technisches Thema. Der ÖSV hat auf jeden Fall großes Interesse, die Ski Challenge insgesamt weiterzubringen. Da gäbe es ein paar logische Verbindungen, die aber noch nicht ausgereift sind.

Insight Snow: Wie könnte das in Zukunft aussehen?

Berger: In meiner Vorstellung schafft man eine Kooperation mit der bestehenden Ski Challenge, die mit ihren verschiedenen Spiel-Modi bereits sehr gut und erfolgreich funktioniert. So könnten wir auf der LAOLA1 Sportinsel zum Beispiel eine Teststrecke haben und als Ausbaustufe einen eigenen Tour-Stopp im Weltcup-Kalender. Also nicht, dass wir ein Kitzbühel- oder Wengen-Rennen präsentieren, sondern unser eigenes – zudem kann man auf unserer Strecke während der gesamten Saison trainieren.

Zusätzlich werden wir auf der LAOLA1 Sportinsel in Zukunft unsere Tochter-Plattform Ski1.at sehr stark miteinbeziehen – über Content, über Daten, über Partnerschaften. Insgesamt wollen wir mit der Sportinsel dem Sport mehr Visibility geben und damit neue Zielgruppen erreichen, die möglicherweise nicht mehr zum Sport finden würden und so damit in Berührung kommen.

Insight Snow: Wie kann der Transfer vom Metaverse auf die Piste gelingen?

Berger: Wir machen ja auf Ski1 bereits Rankings von Skigebieten – ein naheliegendes Beispiel wäre, diese Gebiete virtuell noch besser kennenlernen und Pisten bereits im Vorfeld abfahren zu können. Wichtig: Wir wollen die Leute nicht an die Virtualität verlieren, sondern dass sie auf die Pisten kommen. Man muss VR als Chance sehen, um eine Pull-Funktion zu erzielen und Leute wieder oder neu für den Sport zu motivieren.

Ein weiterer Schritt sind Mixed Reality Sports, wie wir es mit dem ersten VR-Tennisturnier in Europa im Rahmen der Erste Bank Open 2023 gemacht haben. Dabei muss man sich mit dem Spielgerät wirklich aktiv bewegen. Ziel dabei ist immer, die Brücke in den analogen Sport zu schaffen – auch für das Skifahren.

Insight Snow: Welche Erfahrungen haben Sie persönlich mit virtuellem Sport?

Berger: Ich bin zwar kein Digital Native, aber je öfter ich die Brille aufhabe, desto größer sind diese Wow-Effekte. Man weiß schon lange, dass sich durch VR-Training schnell und intensiv lernen lässt, weil es Erfahrungen suggeriert und Wirkungen auf der sensorischen Ebene auslöst. Und dann ist der Sprung nicht mehr so weit, etwas auch einmal "in echt" ausprobieren zu wollen.

Hier möchte ich wieder ein Beispiel aus dem Tennis bringen, weil wir hier weiter sind und ich das sehr intensiv betreibe. Wenn ich VR-Tennis spiele, bekomme ich mehr Lust auf das richtige Tennisspielen. Denn etwa die Effekte von der Ballphysik her sind so gut gemacht, dass ich ganz klare Verbesserungen für meine analoge Spielweise erkenne. Und der Zugang ist wesentlich einfacher: Wenn ich im Herbst oder Winter in die Halle fahre, brauche ich von zuhause, bis ich am Platz stehe, eine Stunde – und ich wohne nicht so weit weg von der Halle. Diese Schwelle ist mit Kleinkind und Terminen oft schon zu hoch. Die VR-Brille im Wohnzimmer aufzusetzen und ein paar Bälle zu schlagen, diese halbe Stunde finde ich wesentlich öfter. Und genau diese regelmäßige Betätigung lässt mich auch mehr im Sport bleiben oder erst den Sport anfangen.

Insight Snow: Würde das auch beim Skifahren gehen?

Berger: Eben diesen Zugang wünsche ich mir bei anderen Sportarten und konkret beim Skifahren. Ich gehe sogar so weit, das für den Schulsport zu fordern, wo ich mit VR das Thema "Bewegte Schulstunde" oder "Bewegtes Lernen" schneller lösen kann als mit dem Neubau von Hallen oder der Investition in die Infrastruktur – wo wir ja wissen, dass wir limitiert sind. Außerdem wissen wir durch Versuche mit VR, wie einfach sich bewegtes Lernen integrieren lässt und wie erfolgreich es funktioniert.

Um das Thema in Richtung Ski zu lenken: Wir setzen uns die Brille auf und gehen in der 10-Uhr-Pause gemeinsam Skifahren. Und freuen uns darauf, wenn wir einmal in ein echtes Skigebiet fahren können – vielleicht alle zwei Jahre mit einem Skikurs, der hoffentlich dann auch leistbar ist. Zusätzlich werden im Unterricht noch Themen wie Klimawandel und Transport behandelt.

Insight Snow: Welche VR-Modelle gibt es im Skisport bereits?

Berger: Wir haben einen Call mit Kitzbühel gehabt und dort hat man die ganze Stadt quasi in einen virtuellen Raum gestellt. Denn aus Tourismus-Perspektive kann ein VR-Erlebnis ein Hebel sein und als Visitenkarte für die Region dienen. Hier könnte man dann von einer klassischen Website 2.0 mit schönen Bildern und allen wichtigen Informationen mithilfe eines Buttons in eine virtuelle 3.0-Welt wechseln – denn vom Erlebnis und den Benefits her ist es natürlich viel spürbarer, wenn ich durch Kitzbühel durchgehe.

Insight Snow: Welche Budgets muss man für solche Auftritte einplanen?

Berger: Für ein Website-Projekt ist man pro Jahr bei Kosten von 50.000 bis 100.000 Euro – je nachdem wie granular und welche Ausbaustufen man haben möchte. Von der nachhaltigen Nutzung muss man sich zusätzlich anschauen, was die reinen Betriebskosten für Server et cetera ausmachen – und dann kommen noch die Entwicklungskosten dazu. Aber diese sind auf lange Sicht überschaubar. Ja, die Initialkosten sind hoch, aber man sollte auch gleich mitbedenken, wie man dadurch zukünftig Geld einnehmen kann.

Im Sport hat man oft die Situation, dass es durchaus Partner gibt – und KIA ist einer davon bei uns –, die sich selbst als Innovationstreiber sehen und ihre Marke auf diese Weise aufladen möchten. Hier werden dann schon Budgets für Innovation / Kommunikation im sechsstelligen Bereich investiert. Und KIA ist nicht der einzige, das wissen wir.

Insight Snow: Wie macht man das Metaverse anderen Stakeholdern schmackhaft?

Berger: Unser Zugang im Sport ist, dass wir mit den Verbänden, den Ligen und den Vereinen im Partner-Kreis schauen, ob es Unternehmen gibt, die hier aufgeschlossen sind. Und Österreich ist ein Land der innovativen Unternehmer, aber gerade diese haben oft nicht die klassischen Kommunikationsbudgets und -botschaften. Und für diese Unternehmen könnte der Sport wieder eine Bereicherung sein – gerade auch für die Mitarbeiterbindung. Denn Sport ist sexy, loyal, spannend und positiv – letzteres ist gerade in unseren Zeiten ein ganz wichtiges Asset. Viele Unternehmen könnten sich hier über gesellschaftliche Verantwortung, aber eben auch über Innovation klar positionieren.


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