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Wenn der Schuh drückt, dann wird dir hier geholfen

Wenn es bei den Füßen zwickt, ist der Spaß schnell vorbei. Fabian Stiepel hat für die Profis im Ski-Weltcup an der richtigen Passform der Schuhe gefeilt.

Wenn der Schuh drückt, dann wird dir hier geholfen Foto: © Bruendl Sports

Für uns öffnet der Schuh-Spezialist nicht nur seine Schatzkiste an wertvollen Erfahrungen, sondern auch seine Werkstatt.

Die unterschiedlichen Fräsen, Feilen, Klemmen, Schraubstöcke, Bohrmaschinen und jede Menge Spezial-Tools zeigen, dass hier auch ordentlich zugepackt werden kann.

Immer mit der nötigen Vor- und Umsicht klarerweise, wie Fabian Stiepel betont.

"Bevor ich an der Schale etwas wegnehme, probiere ich vorher alles andere aus, zum Beispiel mit Einlagen arbeiten oder die punktuelle Behandlung von Problemstellen", erklärt der Chef-Bootfitter vom Bründl Sports Flagshipstore in Kaprun.

Stiepel leitet das Skischuhfitting-Labor von Bründl Sports

Fabian Stiepel und Skischuhe – das sitzt schon seit rund zwei Jahrzehnten wie angegossen.

Geboren im Garmisch-Partenkirchen hat er in seiner bayrischen Heimat das Handwerk gelernt. Danach war er ein Jahr ang in Aspen (US-Bundesstaat Colorado) tätig, bevor er zehn Winter im Ski-Weltcup verbracht und ausgewählten Profis den perfekten Schuh auf den Fuß geschmiedet hat.

Seit einiger Zeit leitet er nun das topmoderne Skischuhfitting-Labor von Bründl Sports, das neben der Werkstatt allerhand technologische Gustostückerl für die Kundschaft bereithält.

Seit 2022 wird Fabian dabei von Reinhold Gappmaier unterstützt, der davor 17 Jahre lang Weltcup-Bootfitter für Fischer war.

Ein Scan schafft harte Fakten

Ein Scan schafft harte Fakten
Fabian Stiepel Chef-Bootfitter vom Bründl Sports Flagshipstore in Kaprun
Foto: © Tanja Zach

Jeder Schuhkauf – nicht nur jener bei Fabian, sondern in allen 31 Bründl-Filialen – beginnt mit einem Scan des Fußes.

Mithilfe von vier Tiefenbildkameras werden innerhalb weniger Sekunden beide Füße gleichzeitig vermessen und digital dargestellt. Herauskommt ein 3D-Bild von höchster Präzision, das sich aus allen Blickwinkeln betrachten und analysieren lässt.

Die Vielzahl an unterschiedlichen Daten und Informationen umfassen dabei nicht nur Fußlänge und -breite, sondern auch Gewölbeart und Risthöhe.

Bei meinem Fuß zum Beispiel - als Autor wollte ich die Kompetenz des Experten hautnah erleben -  erkennt der Bootfitter auf den ersten Blick "ein flaches Gewölbe mit leichter Neigung zum Senkfuß – noch nicht problematisch, aber darauf müssen wir achten. Weil prinzipiell gilt: Wir wollen den Fuß nicht verändern, sondern unterstützen."

Sowieso am wichtigsten sei, sich Zeit für den Schuhkauf zu nehmen – sportliche Fahrer sollten eher zwei Stunden kalkulieren. Und wer gar Rennlauf-Ambitionen hat, sollte sich rechtzeitig um einen Termin bei den Bootfitting-Experten im Flagshipstore in Kaprun kümmern.

Der Preis ist nicht alles

Zurück zum Normalverbraucher: Der nächste Schritt ist, das eigene Fahrkönnen in Relation zur gewünschten Performance des Skischuhs zu setzen.

Hier horcht Fabian besonders genau auf die Zwischentöne und ist dann rigoros in der Auswahl jener Schuhe, die er dem potenziellen Käufer serviert: "Maximal drei Modelle – denn ich will den Kunden nicht überfordern, sondern zum optimal passenden Schuh hinleiten." Nur bei wirklich großen Problemen müsse man nachjustieren.

Auf jeden Fall hat Fabian über die Jahre hinweg beobachtet, dass der Preis nicht immer das stärkste Kriterium für die schlussendliche Entscheidung sei.

Wobei es natürlich schon Richtschnüre gebe: "Ein wirklich guter Skischuh für durchschnittliche Fahrer beginnt bei rund 400 Euro. Sportliche Skifahrer sollten zumindest 500 bis 600 Euro einplanen."

Auch hier zeigt Fabian klipp und klar auf, was das Leitmotiv ist: "Kauf dir einmal einen guten Schuh, dann hast du sieben, acht Jahre eine Ruh!"

"Und was sich reimt, ist ja laut Pumuckl bekanntlich gut", sagt dazu dein Schreiber.

Die Passform ist das ultimative Kriterium

Die Passform ist das ultimative Kriterium
Reinhold Gappmaier davor 17 Jahre lang Weltcup-Bootfitter für Fischer
Foto: © Bruendl Sports

Bevor wir jetzt zu viel ins Koboldhafte abgleiten, vertrauen wir bei der Schuhgröße lieber wieder unserem real existierenden Schuh-Magier.

Der hat auch diesbezüglich eine interessante Taktik: "Den ersten Schuh wähle ich eher zu klein, denn sonst bringe ich den Kunden nicht mehr weg von einem zu großen Modell."

Hintergrund: "Der Schuh wird mit der Zeit etwas größer, weil sich der Innenschuh leicht ausdehnt. Das spürt man aber erst nach 10 bis 20 Skitagen – das ist sehr individuell und hängt von Körpergewicht, Fahrverhalten und Intensität ab." Zusatz: "Wenn jemand nur sieben Skitage im Jahr hat, muss ich strategisch umdenken."

Die Passform ist sowieso das ultimative Kriterium, weil nur wenn der Skischuh optimal sitzt, funktioniert die Kraftübertragung vom Fuß auf den Ski so richtig – und das wirkt sich unmittelbar auf die eigene Performance aus.

Damit man die nötige Stabilität erreicht, empfiehlt Fabian eine Einlage, um die Fußwölbung auszufüllen. "Die moderne Generation an Einlagen bedeutet wirklich einen Riesenschritt, denn so lassen sich Schuhe exakt an die eigenen Fußform anpassen."

Prinzipiell lassen sich hier zwei Varianten unterscheiden: nicht verformbare und teurere, individuell anpassbare Einlagen. Wenn trotz Einlage noch kein hundertprozentiges Wohlgefühl vorhanden ist, geht es bei bestimmten Modellen im wahrsten Sinn ans Eingemachte.

In einem speziellen Ofen oder mit einem Föhn lassen sich Schale und/oder Innenschuh so erwärmen, dass sie sich individuell an Fuß und Unterschenkel anpassen. Dabei steigt man in den aufgewärmten Schuh und bleibt ein paar Minuten stillstehen, bis alles wieder abgekühlt und formstabil ist.

Getestet unter Rennbedingungen

Bei den Rennschuhen dagegen ist die Schale dicker und erlaubt mehr Möglichkeiten bei der Anpassung. Hier kommt dann wieder Fabians Expertise aus dem Ski-Weltcup ins Spiel.

Durch Ausspannen des Skischuhs – also das Nach-außen-Klappen der Schale mittels Spannklemmen – entdeckt der Bootfitter lästige Druck- und Reibepunkte und markiert diese am Schuh.Danach bearbeitet er diese Problemstellen entweder durch Schleifen oder Drücken der Schale.

Als Sahnehäubchen wird zum Schluss noch das Canting auf die individuelle Beinstellung (X- oder O-Beine) eingestellt, damit der Ski besser greift, weil der Schuh dem Verlauf des Beins folgt.

"Dazu verstelle ich entweder die Manschette oder schleife die Sohle des Skischuhs ab, damit ich den richtigen Winkel erreiche", erklärt Fabian.

Bevor es zum Härtestet unter echten Bedingungen geht, weist der Profi-Bootfitter noch auf die Wichtigkeit bei der Wahl der richtigen Skisocken für alle Könnerstufen hin. "Keine Nähte, um Druckstellen zu verhindern – und immer nur ein Paar Socken tragen und nicht mehrere übereinander."

Und dann geht’s wirklich raus auf die Piste, die im Falle des Bründl Sports Flagshipstores direkt vor der Haustüre liegt. Der Vorteil: Nach einem ausgiebigen Skitag schneit man in den Shop und lässt sich etwaige Problemstellen nachbehandeln.

Checklist Schuhkauf

Checklist Schuhkauf
Foto: © Bruendl Sports
  • Nicht online shoppen – ohne direkten Kontakt zum Verkäufer und zum Produkt entstehen im Nachhinein nur unnötige Beschwerden bzw. Kosten.
  • Wer einen Termin beim Bootfitting-Profi haben will, sollte rechtzeitig reservieren und zwei Stunden einplanen.
  • Kaufe nicht zu große Schuhe, um trägere Kraftübertragung, Reibestellen sowie das "Schwimmen" im Schuh zu vermeiden.
  • Vorsicht bei der Härte der Schuhe, denn ein hoher Flex – sprich: Biegesteifigkeit – ist nicht zwangsläufig besser. Die Härte muss zu Können und Einsatzbereich passen. Sind die Schuhe allerdings zu weich, lassen sie zu viel Bewegung zu, sodass kein Druck auf den Ski kommt.
  • Der Skischuh ist das wichtigste Werkzeug beim Skifahren und die direkte Verbindung zwischen Körper und Ski. Daher lieber 200 bis 300 Euro mehr in einen Schuh investieren, als immer das teuerste Skimodell zu wählen.

Vorsicht bei diesen Problemen

Vorsicht bei diesen Problemen
Foto: © Bruendl Sports

Schienbein: Ein zu lockerer Sitz im Manschettenbereich verursacht eine schlechte Druckverteilung im Schienbeinbereich und schafft Reibungspotenzial. Die Schuhzunge sollte vom Sprunggelenk bis zum Zungenende gleichmäßigen Druck gewährleisten. Zwischen Wade und Schale sollte es weniger als einen handflächenbreiten Abstand geben. Gegen Schmerzen oder Druckstellen helfen Gel Pads, die direkt am Schienbein anliegen und so den Druck besser verteilen und minimieren.

Kleiner Zeh – Innenknöchel – Kahnbein: Probleme in diesen Bereichen kommen oft gemeinsam vor. Ursache ist ein Nach-Innen-Knicken des Unterschenkels im Bereich des Sprunggelenks. So entstehen Druckpunkte am Innenknöchel und am Kahnbein, gleichzeitig hebt sich dadurch auf der Außenseite die kleine Zehe an. Hier hilft eine Einlage, um der Pronation – dem Nach-innen-Abwandern von Knöchel und Kahnbein – vorzubeugen.

Überbeine: Treten oft an knöchernen Druckstellen auf. Dadurch kann zum Beispiel die kleine Zehe „größer“ werden und für Druckstellen sowie Reibungspunkte sorgen. Das kann wiederum zu Blasenbildung und im schlimmsten Fall zu Entzündungen führen.

Blutunterlaufene Zehennägel: Zu kleine Skischuhe erzeugen permanente Stoßkräfte auf die Zehen.

 

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