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Haben diese Vienna Capitals das Zeug für mehr?

LAOLA1-Experte Bernd Freimüller analysiert die Ausgangslage der Vienna Capitals vor dem Start der neuen Saison der win2day ICE Hockey League.

Haben diese Vienna Capitals das Zeug für mehr?

Das Warten hat bald ein Ende!

Am Freitag startet die neue Saison der win2day ICE Hockey League. Für die Vienna Capitals geht es im ersten Spiel der neuen Saison nach Graz, wo die 99ers warten (Freitag, ab 19:15 Uhr im LIVE-Ticker).

Davor hat sich LAOLA1-Experte Bernd Freimüller die Mühe gemacht, den Hauptstadt-Klub etwas näher unter die Lupe zu nehmen und den Kader der anstehenden Saison zu analysieren.

Sommeraktivitäten

Ein neuer Coach und alle Legionäre ausgetauscht – wer das ohne Vorkenntnisse sieht, könnte glauben, die Capitals hätten eine Katastrophensaison gespielt, nicht eine durchschnittliche, die dann mit dem Halbfinaleinzug endete.

Die Gründe für den Massenexodus waren verschieden, Cracks wie Alex Wall, Ben Finkelstein oder Matt Bradley fanden schnell neue Arbeitgeber, schließlich auch Jeremy Gregoire. Max Zimmers Durchforschen des Marktes endete mit dem überraschend angekündigten Karriereende. Der Rest war verkraftbar, auch bei James Sheppard leuchtete zuletzt schon das rote Lämplein. Am Österreicher-Markt erhielt u. a. Raffi Rotter kein neues Angebot, mit Leon Wallner kehrte ein interessanter Wiener aus Schweden zurück.

Dave Barr, der sich schon im Sommer zuvor lange Zeit zur Entscheidungsfindung ließ, kehrte Europa den Rücken. Etwas überraschend wurde Pioneers-Coach Marc Habscheid sein Nachfolger – beide Teams hätten in ihrer Spielweise nicht unterschiedlicher sein können.

Ausrufezeichen des Kaders

Verletzungen – so sie nicht den wenigen Schlüsselspielern passieren – sollten kein großes Problem sein, der Kader der Wiener ist ziemlich breit aufgestellt. Bezeichnend dafür: In den letzten Jahren traten die Caps als einziges Ligateam öfters mit acht Defendern an, um niemand auf die Tribüne verbannen zu müssen. Auch heuer stehen acht ligaerprobte Verteidiger im Aufgebot, Lukas Piff wird wohl wieder die Nr. 8 oder Aushilfsstürmer sein.

Im Angriff stehen zwar 15 Spieler auf dem Kaderblatt, Leute wie Daniel Aschauer, Max Stiegler oder Leon Widhalm werden Ersatz sein oder in Zell spielen. Nachdem derzeit nur sieben Legionäre unter Vertrag stehen, kann und wird noch nachgerüstet werden.

Mit Dominique Heinrich, der in Salzburg nach 15 Saisonen kein neues Angebot bekam, bekamen die Caps Österreichs Top-PP-Defender im Nationalteam. Bei den Roten Bullen sank er zuletzt in der Depth Chart ab, in Wien kann er sich auf jede Menge an Eiszeit einstellen. Abermalige Verletzungen (seine Spielanzahl in den letzten drei Saisonen: 26-35-37) wären für die Caps letal.

Österreicher vom Kaliber Heinrichs finden sich sonst keine im Caps-Kader, aber doch eine breite Masse an Spielern, deren Leistungskuhle seit Jahren abschätzbar ist: Zu Defendern wie Nico Brunner oder Dominic Hackl kommen Forwards wie Niki Hartl (letzte Saison nicht in Topform) oder Lukas Kainz. Bei den Zugängen sollte Wallner nach einer Anlaufphase ebenfalls ein solider Center/Winger werden, allerdings mit Fragezeichen bezüglich seiner Produktion. Zintis Zusevics ist als durchschnittlicher Bottom-Six-Mann mit PK-Fähigkeiten bekannt. Bei Spielern wie Patrick Antal oder Armin Preiser müsste sich bald herausstellen, ob sie zu Spielträgern (Antal als Skilled Player, Preiser als Komplementärspieler für solche) taugen oder in der Mitte des Kaders verbleiben.

Fragezeichen des Kaders

Rok Ticar stellt einen sicheren (Scorer-)wert dar, gemeinsam mit Heinrich sollte er das Powerplay steuern und auch sonst für Punkte sorgen. Even Weinger soll Speed mitbringen, sein längerer Ausfall während der Vorbereitung ließ keine Rückschlüsse auf seine Scorerfähigkeiten zu. Er gehört aber ebenso zu den Hoffnungsträgern wie Trevor Cheek, der Netfront-Präsenz und etwas Skills mitbringt, aber wohl keine Linie tragen kann. Der Rest der Legionäre schaute bisher reichlich durchschnittlich aus – kann etwa Oscar Drugge, der aus der dänischen Liga kam, im zweiten PP-Unit Akzente setzen oder ist er für die ICE zu soft? Stefan Warg und sein schwedischer Landsmann Hampus Eriksson (von Habscheid aus Feldkirch mitgebracht) sind beides reichlich limitierte Skater, Warg könnte an Ex-Legionär Anton Karlsson erinnern.

Die Torhüterposition ist sicher ein Fragezeichen, könnte aber auch zu einem Ausrufezeichen werden. Grundsätzlich ist ein Pärchen eines jungen Österreichers (Sebastian Wraneschitz) und eines routinierten Ausländers (Stefan Steen) eine gute Idee, die Einsatzzeiten sollten sich nach den jeweiligen Leistungen richten. Doch Wraneschitz kam in drei Jahren Nordamerika nicht so recht weiter, braucht nach nur drei Spielen in der Vorsaison Spielpraxis. Steen war in der Viertelfinalserie gegen Innsbruck gut, zuvor aber wechselhaft. Die Caps könnten – wie viele Teams heuer – Probleme mit dem Scoring haben, da täten überragende Goalieleistungen sicher gut.

Der Tscheche Michal Stlinil reihte sich in die Garde der Kurzzeit-Caps (u.a. Jordan Caron, Frank Hora, Kevin Hecquefeuille) ein, die ohne ein absolviertes Pflichtspiel gleich wieder gingen. Es braucht einen Winger mit verlässlichem Scoring und kein weiteres Experiment – wie James Sheppard vor zwei Jahren zeigte, hebt die Flut alle Boote, doch solche Spieler müssen erst gefunden werden.

Hier könnte nachgerüstet werden

Ein Stürmer wird wohl zeitnah vorgestellt, auch weitere Nachverpflichtungen im Laufe der Saison würden nicht überraschen. Die derzeitigen Legionäre schauen nicht durchgehend nach Spielträgen aus.

Ausblick

Die Zeiten, als die Capitals zum engsten Favoritenfeld gehören und ein Stammgast in der CHL waren, sind auch schon einige Jährchen her (Tabellenplätze der letzten fünf Saisonen: 6-4-4-3-1). Die Top-6 konnten zuletzt nur mit Mühe festgezurrt werden, was auch heuer der Fall sein könnte.

Allerdings: Die Konkurrenz ist sicher nicht besser geworden und die Caps haben schon öfters schwächere Vorbereitungen vergessen lassen. Aber zusätzliche Qualität im Kader muss bald kommen…

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