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"Herr Becker, braucht Dominic Thiem einen Super-Coach?"

Die deutsche Tennis-Legende hat eine klare Meinung zum Thema "Super-Coach".

Foto: © GEPA

Kann ein Super-Coach Dominic Thiem wieder zurück in die Weltspitze führen?

Diese Frage stellte sich schon öfters. Seit der Verpflichtung von Boris Becker als neuen Super-Coach von Holger Rune wird sie von vielen Fans wieder lauter formuliert.

In der vergangenen Woche sorgte Beckers neues Engagement weltweit für große Schlagzeilen im Tennis-Zirkus.

Die deutsche Tennis-Legende soll den 20-jährigen Dänen, der als einer der kommenden Top-Stars der ATP-Tour gilt, aus einer tiefen Formkrise führen.

Rune setzt auf eine bewährte Kraft. Schließlich kann Becker schon auf eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit mit Superstar Novak Djokovic zurückblicken. In den Jahren 2014 bis 2016 gewann der Serbe unter Becker sechs Grand-Slam- und 14 ATP-1000-Titel.

"Ein Nachteil ist es bestimmt nicht"

Könnte ein "Super-Coach" also auch Thiem helfen, Herr Becker? "Ein Nachteil ist es bestimmt nicht", antwortete der 55-jährige Deutsche am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz bei den Erste Bank Open in der Wiener Stadthalle auf diese Frage.

Wobei der sechsfache Grand-Slam-Sieger mit der Bezeichnung "Super-Coach" nicht die allergrößte Freude hat. "Dieses Wort haben die Medien geprägt."

Man könnte ihn auch als "erfahrenen Coach" bezeichnen: "Es ist ein Trainer, der schon viel erlebt hat."

Wie gut so eine Zusammenarbeit mit früheren Weltklasse-Spielern funktioniere, zeige laut Becker die aktuelle Weltrangliste. Viele der Top-Spieler würden mittlerweile auf die Erfahrung eines früheren Superstars setzen.

Becker: "Thiem hat das Tennis spielen nicht verlernt"

"Wenn man sich die Weltrangliste anschaut, kann man das deutlich sehen. Ein Ferrero (Anm.: Coach von Carlos Alcaraz) weiß beispielsweise, wie es geht. Es gibt aber auch noch viele andere Namen, die ich jetzt nicht alle nennen werde. Das funktioniert und ist sicher von Vorteil für einen Spieler."

Thiem selbst gibt sich beim Thema "Super-Coach" nach seinem Intermezzo mit Thomas Muster zu Beginn des Jahres 2020 eher skeptisch. Damals beendete er nach wenigen Wochen die Zusammenarbeit.

Erst am Sonntag sagte der Niederösterreicher in Wien, dass er diesbezüglich keine Pläne habe: "Eigentlich nicht, von außen will ich niemanden dazunehmen, weil ich zufrieden bin mit dem Team so wie es ist. Es liegt zum größten Teil an mir selber."

Die schwere Handgelenksverletzung von Thiem und das im Vorjahr gestartete Comeback habe Becker natürlich aufmerksam verfolgt. Mit altklugen Ratschlägen will sich der Deutsche aber zumindest in den Medien zurückhalten.

"Ich würde mich als Freund von Dominic Thiem bezeichnen und in der Regel geht man mit Freunden in der Öffentlichkeit etwas vorsichtiger um", erklärt er seinen Zugang.

Abgeschrieben hat er Thiem aber in jedem Fall noch nicht. "Grundsätzlich hat er das Tennisspielen nicht verlernt. Er hatte eine schwere Verletzung und kein einfaches Comeback. Soweit ich das von außen beurteilen kann, ist er aber körperlich wieder in der Lage, sein bestes Tennis zu spielen."

Gastritis-Erkrankung nach Leistungssteigerung

Derzeit kämpft Thiem als Nummer 99 der Welt noch um einen Platz im Hauptbewerb der Australian Open im kommenden Jahr. Für den ehemaligen Weltranglisten-Dritten und US-Open-Gewinner von 2020 ist die aktuelle Situation freilich alles andere als zufriedenstellend.

Seit April arbeitet Thiem mit dem deutschen Coach Benjamin Ebrahimzadeh zusammen. Nach einer merkbaren Leistungssteigerung im Sommer, als er unterem das Finale von Kitzbühel erreichte, warf ihn Ende August eine Gastritis-Erkrankung wieder etwas zurück.

Becker: "Ich bin nicht in seinem engen Zirkel dabei und weiß auch nicht, was und woran sie arbeiten. Wo fehlt es noch? Wo gibt es Verbesserungen? Nach einer langen Verletzung ist es schwierig, wieder zurückzukommen."

Zverev "ein gutes Beispiel für Thiem"

Becker ist aber überzeugt davon, dass es Thiem wieder in die Weltspitze schaffen kann: "Viele tun sich nach einer solchen Verletzung schwer, aber ich glaube, wenn das Herz am rechten Fleck ist und die Leidenschaft und das Herz wieder da sind, ist es nur eine Frage der Zeit, bis er wieder an die Weltspitze zurückkehrt. Noch ist er aber nicht da und es fehlt noch eine Menge Arbeit."

"Ein gutes Beispiel für Dominic Thiem" sei Alexander Zverev, der nach seinem dreifachen Bänderriss im vergangenen Jahr heuer wieder den Sprung in die Top 10 schaffte und sich sogar bereits für die ATP-Finals in Turin qualifizierten konnte.

"Er hat gezeigt, dass es möglich ist, nach einer schweren Verletzung wieder zurückzukommen. Erwarten kann man so etwas nicht. Er hat eine Hartnäckigkeit und Besessenheit an den Tag gelegt, die für sich spricht. Diese Tortur kann man nur machen, wenn man den Sport wirklich liebt", lobt Becker seinen Landsmann, der im Gegensatz zu Thiem immer noch keinen Grand-Slam-Titel gewonnen hat.

"Mittlerweile spielt er wieder Weltklassetennis und hat sich zurecht für Turin qualifiziert. Es spricht für seinen Charakter und seine Persönlichkeit", so Becker.

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