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Steffen Hofmann: "Sturm-Philosophie nicht anders als unsere"

Der Rapid-Geschäftsführer im Interview vor dem Cup-Finale: Über die Titel-Sehnsucht, den Abstand zu Sturm und Robert Klauß.

Steffen Hofmann: Foto: © GEPA

Die Sehnsucht des SK Rapid nach einem Titel wird von Jahr zu Jahr größer. Am Mittwoch bietet das Finale des ÖFB-Cups in Klagenfurt gegen den SK Sturm Graz (ab 17:00 Uhr im LIVE-Ticker>>>) die beste Gelegenheit, die Durststrecke zu beenden.

16 Jahre liegt der letzte Titel, damals in der Bundesliga, zurück. Steffen Hofmann ist vom Kapitän längst in eine Rolle hinter den Kulissen geschlüpft, seit Ende 2022 als Geschäftsführer. Als Institution des Vereins weiß er am besten, wie sehr der Titelhunger nagt.

Im LAOLA1-Interview spricht er vor der großen Chance auf das Ende der Leidenszeit über den Abstand zu Konkurrent Sturm, Rapids Status quo und natürlich das Cup-Finale selbst.

LAOLA1: Die Stimmung bei Rapid war in den letzten Wochen gut. Die beiden Spiele gegen Sturm und die angespannte Personalsituation haben vor dem Cup-Finale die Laune womöglich gebremst. Wie muss man dem als Verein nun begegnen?

Steffen Hofmann: Die Stimmung war richtig gut, es herrschte eine gewisse Euphorie rund um den Klub. Klar war aber immer, dass wir das für uns intern richtig einschätzen. Wir wissen, dass wir am Beginn eines Weges sind. Auch, wenn wir den Cup gewinnen sollten, werden wir den Weg weitergehen. Die Ausgangssituation ist klar: Sturm ist Favorit. Wir haben zuletzt in Sachen Ergebnisse nicht die beste Zeit gehabt. Aber wir sind auf jeden Fall näher dran als letztes Jahr. Wir hoffen, dass sich die personelle Situation bis zum Finale wieder deutlich entspannt.

LAOLA1: Die Sehnsucht nach einem Titel hat sich jahrelang aufgestaut. Ist sie im Laufe der Zeit sogar zu einem Hemmschuh geworden?

Hofmann: Hemmschuh würde ich nicht sagen. Natürlich sind 16 Jahre ohne Titel eine viel zu lange Zeit. Aber man muss sich die Umstände anschauen. Es ist extrem schwierig, einen Titel zu gewinnen.

(Text wird unterhalb fortgesetzt)

LAOLA1: Drei Finali wurden in den letzten sieben Jahren verloren. Wie oft verträgt ein Verein diesen Zyklus aus Hoffnung und Enttäuschung?

Hofmann: Jeder Fußball-Fan ist es ein Stück weit gewohnt, auch leiden zu können. Weil man nicht immer gewinnt. Natürlich wäre es schön, wenn wir am Mittwoch den Pokal holen können. An alles andere denkt man im Moment nicht. Mir hat es getaugt, dass wir immer gesagt haben: Wir probieren es nächstes Jahr wieder. So ist das immer im Fußball. Am nächsten Tag ist immer ein bisschen Katzenjammer. Aber dann geht es Richtung nächstes Spiel. Auch bei einem verlorenen Cup-Finale.

LAOLA1: Eigentlich geht es bei Rapid ja nicht um einen Titel - sondern darum, kontinuierlich um welche mitzuspielen, das ist momentan schwierig. Wie groß oder klein wäre der Stellenwert des Cup-Siegs im mittelfristigen Blick daher wirklich?

Hofmann: Es wäre extrem wichtig. Aber es würde die Welt nicht zusammenbrechen, wenn es nicht passiert. Wir sind am Anfang von etwas Neuem. Unser Kader schaut anders aus als die Jahre zuvor. Wir sind sehr, sehr jung. Haben viele Spieler mit enormem Potenzial. Wenn man einen Titel gewinnt und international spielt, bleiben sie länger da. Allein aus diesem Grund würde er uns helfen. Genau wie die Absicherung, in einer Gruppenphase dabei zu sein.

LAOLA1: Sturm hat den Sprung vorbei an Rapid zur Nummer zwei in Österreich geschafft. Warum ist das trotz Rapids struktureller Vorteile passiert?

Hofmann: Sie haben wirklich gute Transfers gemacht. Zwei, drei waren dabei, wo sie das nötige Quäntchen Glück hatten. Kelvin Yeboah war der Startschuss in der finanziellen Geschichte, durch den sie dann den immer Nächsten holen konnten. Und in Sachen Mannschaft haben sie einen Kern, der hauptsächlich aus Gregory Wüthrich und Jon Gorenc Stankovic besteht, die schon länger da sind und die Mannschaft zusammenhalten.

"Natürlich kann man sagen, dass man einen ausgeglichenen Kader mit 25 Spielern braucht. Aber ob das auf Dauer für die Kabine gesund ist?"

Über die Tiefe im Kader

LAOLA1: An Yeboah war Rapid ja auch interessiert. Warum gelingt es Sturm generell, Spieler anzulocken, die später zu größeren finanziellen Kalibern werden?

Hofmann: Da muss man Sturm fragen, wo sie diese Spieler gefunden haben. Yeboah war zu Corona-Zeiten. Da war ich noch nicht involviert. Was ich gehört habe, hatten wir zu dem Zeitpunkt das Geld einfach nicht, ihn von der WSG Tirol zu holen. Und bei jedem Transfer braucht man ein bisschen Glück. Wir haben auch tolle gemacht und hatten dann oft das Pech, dass sich die Spieler verletzt haben. So wie im Sommer bei Nenad Cvetkovic, der jetzt in 45 Minuten wieder gezeigt hat, wie gut er der Mannschaft tut.

LAOLA1: Warum lassen sich mit Österreichern scheinbar immer noch nicht dieselben Transfererlöse erzielen?

Hofmann: Ich bin überzeugt davon, dass das möglich ist. Bei Sturm hat alles gepasst. Sie haben international gespielt, was den Marktwert der Spieler noch einmal nach oben hebt. Sie haben performt und dazu Potenzial gehabt, bei dem andere Vereine eine weitere Steigerungsmöglichkeit gesehen haben. Um das Alter und um gewisse Qualitäten geht es mehr als um die Nationalität.

LAOLA1: Könnte zu Sturm eine Lücke aufgehen, die so schnell nicht wieder zu schließen ist?

Hofmann: Wir werden es von heute auf morgen nicht ändern können. Sondern unseren Weg konsequent weitergehen, immer wieder gute Jungs aus der Akademie zu den Profis zu bringen. Aber die Philosophie von Sturm ist ja nicht anders als unsere: Gute Spieler, mit denen sie erfolgreich spielen und die sie dann verkaufen können. Wir werden uns nicht gegen einen guten Spieler, der nicht bei uns ausgebildet wurde oder gar nicht aus Österreich kommt, wehren. Wir haben auch letzten Sommer einige Spieler mit Potenzial dazugeholt, die sehr jung sind und nicht aus Österreich kommen. Aber wir haben aktuell nicht die finanziellen Mittel, um extrem viel für junge Spieler hinzulegen.

LAOLA1: Auf der anderen Seite wurde Christoph Lang eine Perspektive geboten, die ihm Sturm offensichtlich nicht bieten konnte.

Hofmann: Ich weiß nicht, was ihre Pläne mit ihm waren. Für uns waren der Zeitpunkt und die Qualität des Spielers einfach gut. Wir wissen, was wir bieten können - wir können einen Weg vorzeigen.

LAOLA1: Seit dem Trainerwechsel ist fast ein halbes Jahr vergangen. Damals war die Frage, ob dieser Schritt überhaupt der Richtige ist. Wie sieht die Einschätzung jetzt aus?

Hofmann: Zoran Barisic hat einen guten Job bei uns gemacht. Auch im Herbst hat man schon viele gute Spiele gesehen. Aber wir haben zu wenig Tore geschossen. Manchmal ist es im Fußball so, dass ein Trainer Phasen hat, in denen da Glück fehlt. Und Zoki hat mit Sicherheit kein Glück gehabt. Von daher war der Trainerwechsel logisch und musste in dem Moment durchgezogen werden, so leid es mir um ihn tut.

LAOLA1: Und hat Robert Klauß das eingebracht, was bei Zoran Barisic gefehlt hat?

Die besten Bilder der Sturm- und Rapid-Fans aus Klagenfurt

Hofmann: Sie sind komplett unterschiedliche Typen. Robert ist extrem professionell. Zoki hatte dieses Gespür für Situationen und Menschen. Ich möchte damit nicht sagen, dass Robert das nicht hätte oder Zoki nicht professionell gewesen wäre. Aber Robert ist ein anderer Typ, ein bisschen "deutscher". In einigen Dingen penibler. Wir sind sehr zufrieden mit ihm.

LAOLA1: Wird er der erste Rapid-Trainer seit längerer Zeit sein, der sich durch diese Tätigkeit für eine höhere Aufgabe empfiehlt?

Hofmann: Das wünschen wir uns bei jedem Trainer. Das ist ja ein Zeichen, dass er einen super Job gemacht hat. Ich denke, dass das gut möglich sein kann.

LAOLA1: Aber über die nächste Saison brauchen wir da noch nicht reden.

Hofmann: Im Fußball kann man nie "nie" sagen. Aber ich denke nicht, dass Robert irgendwas anderes machen würde. Er fühlt sich hier extrem wohl und wertgeschätzt. Es macht nicht den Eindruck, dass er von heute auf morgen wieder gehen wird.

LAOLA1: Bezüglich der Kaderplanung. Ist die momentane Situation ein Indiz dafür, dass es an manchen Ecken doch an der Tiefe gefehlt hat?

Hofmann: Jein. Natürlich kann man sagen, dass man einen ausgeglichenen Kader mit 25 Spielern braucht. Aber ob das auf Dauer für die Kabine gesund ist? Jetzt bekommen viele junge Spieler ihre Chancen, das kann man auch als Erfahrung für nächstes Jahr sehen. Und die richtigen Top-Klubs haben auch nicht mehr als 20 Top-Spieler. Bayern München hat noch vor einigen Jahren kaum mehr als 20 Spieler im Stammkader gehabt, der Rest ist mit Jungen aufgefüllt worden, und sie waren trotzdem extrem erfolgreich. Ich glaube auch nicht, dass ich persönlich von Liverpool oder einem anderen Klub dieser Größe mehr als diese Spieler aufzählen könnte. Wenn dann so viele wichtige Spieler gleichzeitig ausfallen, bekommt jeder Verein Schmerzen.

"Die Aufgabe als Talentemanager ist jene gewesen, die den meisten Spaß gemacht hat, weil man die Entwicklung der jungen Spieler hautnah sieht."

Steffen Hofmann

LAOLA1: Marco Grüll ist bald weg. Der Vertrag mit Guido Burgstaller wurde verlängert, aber er wird auch nicht jünger. Welche Spieler werden künftig die notwendigen Leader sein können?

Hofmann: Nenad Cvetkovic wird ein Spieler sein, an dem sich hinten mal alle festhalten können. Lukas Grgic ist ein Spieler, der sehr viel Erfahrung mitbringt, im Ausland war und auch vorangeht. Ansonsten entwickeln sich neue Stützen, wenn alte weg sind. Ich kann mich erinnern, als ich als junger Spieler zu Rapid gekommen bin. Mit 22 warst du damals noch jung. Nach einem Jahr ist Andreas Herzog weggegangen und ich bin als 22-jähriger "Piefke" Kapitän beim größten Verein Österreichs geworden. Du wirst ins Wasser geschmissen und entweder stemmst du das und schwimmst - oder nicht. Dann wird der nächste reingeschmissen. Aber das ergibt sich meistens innerhalb einer Gruppe.

LAOLA1: Die Europacup-Qualifikation wird immer schwieriger. Wie attraktiv ist Rapid international denn noch? Ganz allgemein - und für neue Spieler?

Hofmann: Ich denke schon, dass der Name Rapid in Europa nach wie vor ein guter ist. Natürlich waren die letzten Jahre in Sachen Europacup nicht besonders gut für uns. Und dass wir keinen guten Koeffizienten mehr haben, macht die Sache immer schwieriger. Aber ich bin trotzdem davon überzeugt, dass wir gerade für junge Spieler mit unserem Namen, der Infrastruktur und unserem Weg, den wir gehen wollen, sehr interessant sind. Weil die österreichische nun mal eine Liga ist, in der man den nächsten Schritt machen kann.

LAOLA1: Wie schmerzhaft ist es, in einem Moment Salzburger Verwundbarkeit aktuell in keiner Angriffsposition zu sein?

Hofmann: Ist es, weil es in den letzten Jahren selten der Fall war, dass sie gegen Klagenfurt verloren haben - als jüngstes Beispiel. Wir haben im Herbst zu wenig Punkte gesammelt, dann wären wir vielleicht näher dran. Aber es ist jetzt so, Sturm ist da, wo sie sind, Salzburg ist da, wo sie sind - aus einem Grund.

LAOLA1: Das Thema Frauenfußball ist nun auch angelaufen. Nach den ersten Eindrücken: Wird der Aufstieg in die gewünschten Sphären so schnell wie geplant funktionieren?

Hofmann: Es ist auf jeden Fall ein spannendes Projekt, das auch wirklich Spaß macht. Wir waren schnell in der Umsetzung. Wir werden Mitte Juni auch ein internationales Testspiel im Stadion haben. Wir sind guter Dinge, dass wir die Erfolge einfahren werden, die wir uns vornehmen. Wir nehmen das Thema auch wirklich ernst. Es ist für alle eine coole Geschichte, wenn du im ersten Frauen-Team von Rapid dabei bist und wir noch dazu eine Spielerin wie Carina Wenninger bekommen haben. Das hilft den jungen Spielerinnen extrem. Also wir bieten schon vieles.

LAOLA1: Nach der Spielerkarriere gab es schon die eine oder andere Aufgabe bei Rapid. Welche hat die meiste Freude gemacht?

Hofmann: Also ich hoffe, dass die Sache als Geschäftsführer jetzt eine langfristige ist. Spaß hat alles gemacht. Aber ich muss sagen, dass die Aufgabe als Talentemanager jene gewesen ist, die den meisten gemacht hat, weil man die Entwicklung der jungen Spieler hautnah sieht. Und dann schafft es einer deiner Jungs, bei den Profis zu spielen oder irgendwohin zu wechseln. Das ist schon was ganz Cooles, weil du ihn einfach begleitet hast. Für mich war es damals unfassbar, als Yussi (Yusuf Demir, Anm.) das erste Mal bei den Profis gespielt hat. Oder als er Champions League gegen die Bayern spielte und gesagt hat: "Steff, komm vorbei, ich habe eine Karte für dich und möchte, dass du dabei bist". Das war schon eine echt coole Sache. Das war einfach schön mit den Jungs, weil ich extrem viel Zeit mit ihnen verbracht habe. Du holst sie von der Schule ab, bringst sie zu Terminen und, und, und. Da entsteht schon eine Verbindung. Und das gibt einem selber wieder Energie. Als ehemaliger Spieler ist das sicher das Beste, was man danach machen kann.

LAOLA1: Dringt man als Legende besser zu den jungen Spielern durch - oder ist denen völlig egal, wen sie da vor sich stehen haben?

Hofmann: Es macht schon einen Unterschied, ob du mal Spieler warst. Weil du die Dinge selbst erlebt hast. Es macht auch einen, ob dich die Jungs noch spielen gesehen haben. Man merkt zum Beispiel, dass unser Veli Kavlak (Co-Trainer U16, Anm.) bei unseren türkischstämmigen Spielern ein gewisses Ansehen hat. Die kommen nach Hause und der Papa sagt: "Du, der war bei Besiktas Kapitän!". Dann haben die Jungs eine gewisse Ehrfurcht und hören genauer hin. Genau wie bei mir. Ja, das macht schon einen Unterschied.

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