news

Strolz enthüllt: "Geglaubt, ich muss die Welt zerreißen"

Auf den großen Durchbruch folgte für Johannes Strolz ein schwieriger Winter 2022/23. In einem Interview ließ der Olympiasieger nun tief blicken.

Strolz enthüllt: Foto: © GEPA

Johannes Strolz blickt auf einen harten und ereignisreichen Winter zurück.

Nach seiner großen Durchbruchssaison 2021/22, in der er sich vom unbeschriebenen Blatt zum doppelten Olympiasieger und Weltcupsieger mauserte, lief es in der abgelaufenen Rennzeit für den Vorarlberger ganz und gar nicht nach Plan.

In einem exklusiven Interview mit dem "Kurier" sprach Johannes Strolz nun ausführlich über die Schwierigkeiten der abgelaufenen Saison, seinen Höhenflug und Pläne für die kommende Saison.

"Wenn du die Leichtigkeit hast, dann ist Slalomfahren simpel"

Mit Startnummer 38 der erste Weltcup-Sieg in Adelboden. Doppel-Gold und Silber bei den Olympischen Spielen in Peking. Johannes Strolz erlebte eine magische Ski-Saison 2021/22, und das, nachdem er im Frühling desselben Jahres aus dem ÖSV-Kader gestrichen worden war. Doch dem Bludenzer gelang in jener Saison der absolute Durchbruch im Ski-Weltcup. Eine Zeit, die Strolz auch heute noch nicht ganz begreift.

"Ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie das alles passiert ist beim Sieg in Adelboden. Ich weiß nur, dass damals alles zusammengepasst und zusammengespielt hat. Ab da hatte ich eine Leichtigkeit, die mich auch durch die Spiele in Peking getragen hat. So ein richtiges Wurschtigkeitsgefühl, ich war unbeschwert, weil ich schon mehr erreicht hatte, als ich mir jemals erträumt habe."

Auf den Durchbruch folgte die Seuchensaison

Aber: "Dieser Zustand lässt sich leider nicht so einfach reproduzieren."

Denn auf den großen Höhenflug folgte vergangene Saison eine schwierige und von Tiefschlägen geprägte Zeit. 

Sechs Ausfälle in neun Slalom-Rennen, Platz zwölf als bestes Saisonergebnis, keine Qualifikation für WM oder Weltcup-Finale. Nachdem beim 30-Jährigen in diesem Winter so ziemlich alles schieflief, ist der Vorarlberger nun um Aufarbeitung bemüht.

"Ich habe zumindest versucht, die Wettkampfsaison für mich zu erledigen. Mit dem Ziel, die restliche Zeit entsprechend gut zu nutzen als Vorbereitung für den nächsten Winter. Ich will und werde aber im Sommer noch intensiv in mich gehen, wenn ich noch mehr Abstand habe. Wenn man einmal eine Zeit lang daheim ist und keinen Schnee mehr sieht, dann kommt die eine oder andere Erkenntnis."

"Hab geglaubt, ich muss die Welt zerreißen"

 

Bei Strolz war in der abgelaufenen Saison von Anfang an der Wurm drinnen. "Ich denke, dass ich gut vorbereitet war. Dann startest du mit einem Einfädler in die Saison, dann war in Madonna die Geschichte mit der Torstange, die mir vor die Füße gerutscht ist."

Das Aus in Madonna entwickelte sich in weiterer Folge zum negativen Knackpunkt bei Strolz. "Ich konnte wirklich nichts dafür, dass ich ausgeschieden bin und hätte das also einfach als Pech abhaken können. Stattdessen habe ich es von da an irgendwie erzwingen wollen und habe viel zu viel Risiko genommen bei den nächsten Rennen"

Im Nachhinein betrachtet würde Strolz heute ganz anders auf einen solchen Dämpfer reagieren. "Ich hätte einen Gang zurückschalten müssen, einfach ins Ziel kommen und Punkte sammeln. Ich habe aber geglaubt, ich muss die Welt zerreißen."

Auch sein Out in Adelboden steht sinnbildlich für den unglücklichen Saisonverlauf - und die mentalen Schwierigkeiten, mit denen sich Strolz konfrontiert sah. "Dann kam Adelboden, ich hab’ mir mit dem Rückenwind des Sieges vom Vorjahr gedacht: Was soll mir auf dem Hang schon großartig passieren? Dann fliege ich beim dritten Tor hin."

Der Erfolg ist ein Vogerl

Druck, hohe Erwartungen und die anhaltende sportliche Misere bereiteten dem Bludenzer über die ganze Saison hinweg Schwierigkeiten. Ein Umstand, den der Polizeisportler mit einer Metapher veranschaulicht.

"Wenn man einen kleinen Vogel in der Hand hält, der sinnbildlich für den Erfolg steht, dann muss ich den festhalten, damit er mir nicht davonfliegt. Ich muss aber dabei sehr behutsam vorgehen, damit ich ihn nicht erdrücke. Ich aber habe irgendwann so fest zugedrückt, dass der Vogel in meiner Hand leider zerquetscht worden ist."

Strolz hatte immer mehr an seinen Rückschlägen zu knabbern. "Mit den Ausfällen kommen natürlich die Gedanken an Punkte, an Ranglisten. Und irgendwann tauchen Zweifel und Fragen auf: Soll ich was verändern, soll ich dieses und jenes probieren? Dabei hätte ich nur auf meine Fähigkeiten vertrauen und meine Sache durchziehen müssen. Aber das wird halt immer schwieriger, weil die negativen Gedanken immer mehr und präsenter werden."

Das sportliche Tief schlug sich jedenfalls auf das Privat- und Seelenleben des ÖSV-Ass nieder. "Wahrscheinlich habe ich mit meinem Umfeld zu wenig über meine Situation geredet. Ich hatte immer das Gefühl: Das kriege ich schon hin, ich werde damit schon fertig. Ich habe für mich die Lehre gezogen, dass ich mit meinem Umfeld mehr reden muss. Da geht es gar nicht um den Input von außen, sondern dass man etwas los wird und es nicht mit sich herumschleppt."

"Weiß nicht, ob ich noch einmal Olympiasieger werde"

"Aber ich bin halt auch kein Jammerer. Ich hatte aber manchmal schon ein ziemlich schlechtes Gewissen, wenn ich wieder ausgeschieden bin. Meine Freundin hat dann gesagt, ich soll nicht so streng mit mir sein."

In seine Zukunft blickt Strolz mit gemischten Gefühlen. "Ich weiß jetzt nicht, ob ich noch einmal Olympiasieger werde. Vielleicht stehe ich auch nie mehr auf dem Podest. Zugleich glaube ich, dass es kein Zufall sein kann, wenn man Olympiasieger wird und ein Weltcuprennen gewinnt."

Zur Kritik an seiner Person hat Strolz ebenfalls eine klare Meinung. "Klar könnte man sagen: Der hatte in seiner Karriere zweieinhalb gute Monate. Aber was ist im Endeffekt besser? Lieber bin ich zweieinhalb Monate wirklich ganz oben, als ich fahre zwölf Jahre lang im Mittelfeld herum."

LAOLA1 TV

zum TV-Programm

Kommentare