Interview

Scheib: "Ich würde lügen, wenn ich sage, ich will Zweite werden"

Julia Scheib feiert am Semmering ihren dritten Saisonsieg, den zweiten in Folge. Die Steirerin hat ihre persönliche Erfolgsformel gefunden - und führt nun wieder den RTL-Weltcup an.

Scheib: "Ich würde lügen, wenn ich sage, ich will Zweite werden" Foto: © GEPA

Julia Scheib ist aktuell nicht zu stoppen!

Die 27-jährige Steirerin feiert beim Heimrennen am Semmering im fünften Saison-Riesentorlauf ihren dritten Sieg, den zweiten in Folge.

Ergebnis des RTL am Semmering >>>

Mit ihrem dritten Weltcup-Sieg merzte Scheib am Semmering die nächste ÖSV-Scharte nach jener in Sölden aus. Zwei Monate nachdem sie als erste Österreicherin seit fast zehn Jahren oder 79 Rennen wieder einen Weltcup-Riesentorlauf gewinnen konnte, trat sie am Samstag in die Fußstapfen von Anna Veith und kürte sich zur ersten heimischen Zauberberg-Siegerin seit 13 Jahren.

Scheib spricht nach dem Rennen vor allem in Anbetracht der ruppigen Piste im 2. Durchgang von einem "wilden Ritt" am Zauberberg.

"Ich habe nicht wirklich gedacht, dass sich das (für den Sieg; Anm.) ausgeht. Ich hatte so zu tun, ich habe die Ski nicht auf Zug gebracht und das ist immer so ein Zeichen, dass es nicht schnell ist. Ich habe dann geschaut, unten die Killerlinie zu finden, das ist mir gut gelungen und war der Schlüssel", erklärt die Steirerin.

Scheib hat ihre persönliche Erfolgsformel gefunden

Mit dem Selbstvertrauen von zuvor zwei Siegen und einem zweiten Platz meistert Scheib mittlerweile auch schwierige Situationen. Mit 27 Jahren scheint sie die taktische Reife einer Seriensiegerin erlangt zu haben.

Ich kann mich jetzt wirklich darauf verlassen, dass das, was ich mache, gut und schnell genug ist.

Julia Scheib strotzt vor Selbstvertrauen

"Es ist generell der Schlüssel, dass man gewisse Passagen schlau fährt. Das kann ich momentan sehr gut einschätzen, wo es mehr braucht und wo man ein bisschen zurückstecken muss."

Außerdem habe sie eine sehr gute Gesprächsbasis mit den Coaches. "Wenn ein Funkspruch kommt, kann ich mich darauf verlassen und das taugt mir irrsinnig", so Scheib.

Die nunmehrige Gewinnerin von drei Weltcup-Rennen scheint ihre persönliche Erfolgsformel gefunden zu haben. Dazu gehört auch, nicht zu viel zu wollen.

"Ich kann mich jetzt wirklich darauf verlassen, dass das, was ich mache, gut und schnell genug ist", sagt Scheib. "Ich genieße das Skifahren gerade sehr."

Scheib rutscht im Roten Trikot ins neue Jahr

Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen wider. Mit ihrem Sieg am Semmering hat die Athletin aus Frauental im Bezirk Deutschlandsberg ihr großes Ziel, mit dem Roten Trikot vom kleinen Pass an der niederösterreich-steirischen Grenze abzureisen, erreicht.

Nach fünf von zehn Saison-Riesentorläufen führt sie in der Disziplinwertung 88 Punkte vor der Neuseeländerin Alice Robinson, die am Semmering bereits im ersten Durchgang ausschied.

Stand im RTL-Weltcup >>>

"Es war eine gute Halbzeit. Aber es sind noch einige Rennen, und es kann noch sehr viel passieren. Mich hat es in Tremblant (Ausfall; Anm.) erwischt, es bewegt sich alles am Limit", merkt Scheib an. Sie müsse jedes Rennen fokussiert angehen.

Schon beim nächsten Riesentorlauf in Kranjska Gora (3. Jänner) geht das Duell Scheib-Robinson in die nächste Runde.

"Es macht Spaß. Weil ich weiß, es braucht mein bestes Skifahren, sonst reicht es nicht", spornt Scheib der Wettkampf an.

Der Ausfall der großen Konkurrentin habe ihren Zugang für den zweiten Durchgang am Semmering vielleicht ein wenig verändert. "Wenn du weißt, da fährt eine so am Limit und quetscht alles raus, dann musst du es auch machen."

Scheib: "Ich würde alle anlügen, wenn..."

Dass man aktuell die beste Julia Scheib sieht und die Erwartungen dementsprechend hoch sind, daraus macht die Steirerin keinen Hehl.

"Ich würde alle anlügen, wenn ich sagen würde, ich bin hier, um zweitbeste zu werden. Man trainiert das ganze Leben darauf hin. Wenn man weiß, man hat noch Potenzial, man hat einen schnellen Schwung, dann muss man es irgendwann mal nutzen. Ich hatte letztes Jahr das Gefühl, ich habe mich unter Wert verkauft und den Fehler wollte ich auf keinen Fall wieder machen", sagt Scheib.

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