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Patrick Ortlieb will Druck auf arrivierte Läufer erhöhen

ÖSV-Finanzreferent erklärt bei ServusTV: "Vielleicht halten wir zu lange an Athleten fest, die im Mittelfeld fahren und Startplätze für die Jungen blockieren."

Patrick Ortlieb will Druck auf arrivierte Läufer erhöhen

Im Dezember sorgte Patrick Ortlieb mit seinen Aussagen bei der Jahresabschlussgala der ServusTV-Sendung "Sport und Talk aus dem Hangar-7" für mächtig Wirbel bei den ÖSV-Athletinnen.

Am Montag wiederholte der ÖSV-Finanzreferent seine Idee, innerhalb der Kader für mehr Konkurenzkampf zu sorgen und erklärte: "Als Spitzensportverband kann man das schon einfordern."

Zu seiner Kritik Ende des Jahres 2022 sagte er nun: "Es war Dezember und es ist nicht wirklich gelaufen. Wenn man erst jetzt darüber reden würde, hätte man ein halbes Jahr zugeschaut. Es sind jetzt schon einige Dinge in der Umsetzung. Nach dem nächsten Wochenende wird sich das Blatt in der Sommerpause wieder wenden."

ÖSV muss Vertrauen in junge Athleten setzen

Der Abfahrts-Olympiasieger von 1992 und Ex-Weltmeister meinte: "Wir sind in einem Prozess, in dem sich etwas ändert. Man muss gieriger werden. Die Arrivierten brauchen mehr Druck von den Jungen. Wir sind in einer Phase, wo die Jungen nachkommen müssen. Ich bin sicher, dass die unter den gleichen Bedingungen dieselbe Leistung bringen können. Wenn man das Vertrauen in diese Athleten setzt, wird sehr schnell was nachkommen."

Der 55-Jährige sagt weiter: "Man muss schauen wie man die Talente weiterbringt, dass sie nahtlos zur Weltspitze kommen."

Ortlieb behauptet: "Wir sind Weltspitze im Nachwuchs. Wir müssen aber auch ehrlich sein, wir hatten die WM im eigenen Land und haben da nur zweimal Bronze geholt. Vielleicht halten wir zu lange an Athleten fest, die im Mittelfeld fahren und Startplätze für die Jungen blockieren, die sich etablieren könnten."

Konkret sagt der ÖSV- und FIS-Funktionär: "Der eine oder andere Athlet fühlt sich da vielleicht nicht wohl. Ein Jakob Greber, der bei der Nachwuchs-WM fast eine Medaille geholt hat, ist unter gleichen Bedingungen kaum schlechter als die A-Fahrer. Wenn er im Training sieht, dass er gar nicht langsamer ist, dann stärkt ihn das."

Mathias Berthold: "Am Ende des Tages zählt nur harte Arbeit"

Mathias Berthold:
Ex-Profiweltmeister und Trainer Matthias Berthold

Auch Mathias Berthold, ehemaliger Cheftrainer der ÖSV-Männer und des deutschen Herrenteams, spricht sich für eine Änderung aus und gibt seinem Vorarlberger Landsmann Ortlieb inhaltlich Recht: "Man kann diese Dinge sicher anreden. Das kann jeder selbst entscheiden. Es wurde sicher auch intern besprochen. Am Ende des Tages zählt nur die harte Arbeit. Der ÖSV bietet eine gute Infrastruktur und dennoch läuft es nicht so wie man sich das erwartet."

Wo die Fehler liegen, weiß der 57-Jährige nicht: "Es sind nie nur die Athleten und nie nur die Trainer. Es ist ein gemeinsames Arbeiten, ein gemeinsames Siegen und Verlieren. Der Patrick kritisiert sicher nicht nur die Athleten. Es wurden sicher die richtigen Konsequenzen gezogen."

Bei Liensberger hat der Trainerwechsel nicht gepasst

Bei Liensberger hat der Trainerwechsel nicht gepasst
Liensberger findet einfach nicht mehr in die Spur
Foto: © GEPA

Berthold arbeitet seit 2019 als Mentalcoach. Der 57-Jährige betreute unter anderem die Profi-Fußballer des 1. FC Nürnberg und jene von Sturm Graz. Als Motivations-Trainer ist er aktuell bei Katharina Liensberger im Einsatz.

Der Ski-Profi-Weltmeister von 1993 in Aspen urteilt über Österreichs Doppel-Weltmeisterin von 2021 in Cortina: "Die Kathi hat eine harte Saison hinter sich, hatte einen Trainerwechsel, der nicht hingehauen hat. Sie ist ein Perfektionist und versucht alles umzusetzen. Es hat etwas nicht funktioniert."

Woran es hapert? "Skifahren ist für sie kompliziert geworden. Es hat sich für sie erschwert, gute Ergebnisse zu fahren. Ich bin nicht dahinter gekommen. Es ist ganz viel Denken dazugekommen. Das ist wichtig, aber nicht zu viel. Skifahren ist ein cooler und einfacher Sport. Vieles funktioniert intuitiv. Sie denkt lösungsorientiert und will sich hinausarbeiten", versichert Berthold.

Auf die Frage, wie es mit den ÖSV-Kadern und der Krise weitergehen soll, nennt Berthold folgende Lösungsansätze: "Die Entscheidungen müssen die Trainer mit den Athleten treffen. Man braucht einen klaren Plan. Welche Werte leben wir im Team? Es ist produktiver, wenn man gerne hinkommt. Man muss Dinge besprechen. Wie kritikfähig sind wir, wie kommunizieren wir, wie können wir uns unterstützen. Wenn man das gut bespricht, ist das einfach viel wert."

Ortlieb erwartet sich ab nächster Woche vollen Trainingsbetrieb in Sölden

Ortlieb sagt dazu abschließend: "Ich glaube nicht, dass unter den Athleten diskutiert werden soll. Wir haben eine sportliche Leitung im Verband und die entscheiden die Trainer. Die gibt vor, wie die Trainingsgruppe aussieht. Jeder Tag in der Vorbereitung zählt."

Ortlieb will, dass ab nächster Woche auf Hochtouren für den Winter 2023/24 gearbeitet wird: "Für mich beginnt die Vorbereitung auf die neue Saison an Tag eins nach dem Finale. Wir werden in Sölden gleich ein riesiges Trainingszentrum aufbauen mit allem, was dazugehört. Das wird auch für die Landesverbände geöffnet sein. Die Lehrwerkstätte muss vom Meisterbetrieb unterstützt werden."



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